Projekt über das Ankommen in Halle. Und Teil der Ausstellung "Migration en Images - Perspectives Européennes" in Grenoble, Frankreich (Mai 2018)
„Ich hatte ein anderes Bild über Asylsuchende in meinem Kopf bevor ich Mori traf. Und am Ende blieb in mir das Staunen, dass es jemand schaffen konnte, innerhalb von drei Jahren eine völlig fremde Sprache zu lernen und sich hier ein neues Leben aufzubauen. Ich dachte, wir würden mehr Zeit haben für Gespräche. Ich hatte auch erwartet, bei ihm zu Hause etwas mehr von seiner Heimat Iran zu sehen. Stattdessen tranken wir nur schnell einen Tee in der deutsch eingerichteten Küche und dann ging’s los, von Termin zu Termin. Ein voller Tag erwartete uns.“
„Deutscher eingerichtet als bei einem Deutschen“ war mein erster Gedanke als ich Mori nach langer Zeit wieder sah. In den letzten Jahren war sein Zuhause nicht immer so schön wie jetzt. Der in seiner Heimat Iran erfolgreiche Kampfsportler und Spezialist für asiatische Heilkunst strandete Ende 2015 nach langer Flucht vor Inhaftierung und Folter in einer Flüchtlingsunterkunft in einem Dorf bei Halle. Eigentlich wollte er weiter. Doch er war zu erschöpft. Vieles musste er zurücklassen. Doch seine iranische Gastfreundschaft brachte er mit.
In Deutschland muss Mori seine Abschlüsse in asiatischen Heilmethoden wiederholen. „Es ist nicht leicht, hier Fuß zu fassen“ sagt eine Patientin, die ihn mittlerweile auch bei den Behördengängen unterstützt. Durch sein Engagement und seine Hilfsbereitschaft hat Mori in Halle viele Freunde gefunden. „Wo die Ärzte nicht weiter wussten, war Mori der einzige, der mir helfen konnte.“ Diesen Satz höre ich in der kleinen Physiotherapiepraxis öfter.
Einstecken, abwehren, weitermachen. Nicht aufzugeben ist die Maxime von Moris Leben. Und betrifft nicht nur den Sport.
In den ersten Jahren pendelte Mori fast täglich zwischen seiner Unterkunft in einem kleinen Dorf und der Stadt Halle. Er lernt eigenwillig Deutsch und tritt einem Sportclub bei, wo er trotz sprachlicher Barrieren sein Wissen als erfahrener Kampfsportler an seine Schüler weitergibt. Mittlerweile unterrichtet er am Universitätssportzentrum der Martin-Luther-Universität Halle und nimmt mit seinen Schülern deutschlandweit an Wettkämpfen teil. Die ersten Medaillen gingen bereits nach Halle.
Ende letzten Jahres hat Mori eine Familie gegründet. Das nächste große Ziel ist die Examinierung zum Heilpraktiker, eine eigene Praxis und natürlich weitere Wettkämpfe für Halle zu gewinnen. Obwohl vieles in Deutschland nur sehr langsam geht, wie er selber sagt. Aber auch das wird er schaffen, davon bin ich überzeugt. Moris Geschichte ist ein Beispiel für gelungene Inklusion, auch wenn vieles von ihm selbst ausging.